Face Music - Colonization of Siberia
  • Die russische Kolonisierung Sibiriens (Region Altaiski Kray)




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P & C December 1998
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1476 stellte der russische Zar Iwan III. die Tributzahlungen an das Khanat der Goldenen Horde ein. Einige Jahre später trat er den Wolga aufwärts heranziehenden Mongolen bewaffnet entgegen. Die Mongolen zogen sich zurück, ohne dass es zu einer Schlacht kam. Damit war die Bindung an das Khanat der Goldenen Horde, deren Machtzentrum sich in Sarai am Unterlauf der Wolga befand, endgültig gelöst. Die unter Khan Batu erreichte Vormachtstellung der Tataren, die seit 1239 bis Moskau reichte, fand ihr Ende. An die Stelle zahlreicher, vom Mongolenkhan mehr oder weniger stark abhängiger Grossfürstentümer war das Russische Reich getreten.

Die Kolonisierung des sibirischen Raumes begann im Auftrag von Zar Iwan IV. dem Schrecklichen (1533-1584). 1558 ermächtigte er die Kaufmannsfamilie Stroganow, im westsibirischen Raum Siedlungen anzulegen, Wald zu roden und Salz zu gewinnen. Mit Hilfe von an den Ural geflohenen Don-Kosaken unter Führung von Hetman (Feldherr) Jermak Timofejew stiessen diese gemeinsam mit Kaufleuten 1581 - 1585 in die Flusssysteme hinter dem Ural vor und unterwarfen das Khanat Sibir.

Zuerst baute man Wehrsiedlungen (Sitsch) und Stützpunkte (Staniza), Forts für Soldaten und deren Familien, die von einem Hauptmann (Ataman) befehligt wurden. Später folgten Pelzjäger, Bauern, Missionare, Verbannte, Händler und Handwerker. Der Handel mit Pelz und die Gewinnung von Edelmetall lockten Menschen in diesen Raum, der über die Wasserwege bequem zu erreichen war. Als man in Tomsk Gold fand, begann ein rascher Aufschwung. Er ging Hand in Hand mit der Unterdrückung und teilweisen Vernichtung der sibirischen Völker, die man damals allesamt als Tataren bezeichnete.

Die Altairegion in Südsibirien wurde erst hundert Jahre später kolonisiert. Die Russifizierung begann am rechten Ufer des Flusses Ob mit der Gründung der Siedlung und dem Bau des Gefängnisses von Kusnezk im Jahre 1618. Sie hatte den heftigen Widerstand seitens der bereits dort angesiedelten Völker (1) zu brechen. Die Unterworfenen mussten Tribut (Jassak) bezahlen. Durch die Vergabe von Krediten und die Einführung von Alkohol förderten die Händler die Verarmung der Urbevölkerung. Christianisierung und Bekämpfung des traditionellen Schamanismus trugen ebenfalls dazu bei. Für Festungs- und Gefängnisbauten rekrutierte man Arbeitskräfte aus den sesshaft gewordenen Stämmen der Eingeborenen; es wurden auch Übersiedler herangezogen.

In der Altairegion und im sog. Erz-Altai reichlich vorhandene Bodenschätze, vorab Eisen, Steinkohle und Salz, waren für Russland wirtschaftlich von Bedeutung. Es entstanden Hüttenwerke mit kleineren Schmelzöfen. Eine bereits vorhandene Metallurgieverarbeitung von bisher Ansässigen wurde industrialisiert und perfektioniert.

Wurden die neu eroberten Gebiete zuerst mehrheitlich von Soldaten, Don- oder Saporoscher-Kosaken, bewohnt, so folgten später Arbeiter, Abenteurer, Spezialisten und auch Altgläubige (2) und siedelten sich hier an. Neue Siedlungen entstanden in der gesamten Altairegion. Aus den damaligen Dörfern entstanden im Lauf der Zeit Städte und Wirtschaftszentren.

Das wichtigste ist Barnaul, gegründet 1771. Es zählt heute 596.000 Einwohner. Weitere Städte sind Biysk, Rubzowsk, Nowoaltaisk und Sarinsk. In der Altairegion herrschen extreme Klimaunterschiede: lange, kalte Winter und kurze, heisse Sommer. Im Januar sinkt die Temperatur bis minus 40 Grad, während sie im Juli bis auf plus 35 steigt. Die Kulundinskaja Steppe macht 60 Prozent der Fläche aus und besteht vorwiegend aus Birken-, Lärchen- und Fichtenwäldern, vereinzelt auch Kiefern (Föhren), in denen Rotwild und Nagetiere leben. Daran anschliessend auf der linken Seite des Flusses Ob erhebt sich das Priobskoje Plateau (etwa 250-300 Meter über dem Meeresspiegel). Es ist reich an Lärchen, Weisstannen und Zedern. Im Südosten, wo die Region an das heutige östliche Kasachstan grenzt, erheben sich die Berge bis zu 2421 Meter. Daneben liegt das Altai-Gebirge, wo die Flüsse Katun und Biya entspringen. Hier liegt der längste See der Region, der sog. Altyn-Köl (Goldener See), von den Russen Telezkoja-See genannt. Hier leben Elche, Füchse, Wölfe, Bären, auch Marals (Hirsche) und die grössten Steinböcke der Welt.

(1) Das waren vor allem Torguten und Kalmücken, deren ursprüngliche Heimat die nördliche Dsungarei war. Völker, die sich zur buddhistischen Religion in lamaistischer Form bekannten (im Gegensatz zu den islamischen Stämmen, wie die Kasachen oder Kirgisen), siedelten ursprünglich nordwestlich von Astrachan.
Ein Teil wanderte im 17. Jh. in die Steppen zwischen Wolga, Ural und westsibirischem Tiefland und lebte als Nomaden von Viehzucht. Man nannte sie Kalmücken, abgeleitet von dem türkischen Wort kalmak (bleiben), weil sie erst Jahre später, um 1771, in ihre ursprüngliche Heimat, in die Dsungarei, zurückwanderten. Widerstand leisteten auch kleinere Turkstämme wie Tungusen, Abakan-Tataren (heute Chakassen genannt) u.a., die das bewaldete Vorgebirge, das sich südlich an das sibirische Flachland anschliesst, und die diesem Gebirge vorgelagerten Ebene am Fluss Jenisej bewohnten und vorwiegend Ackerbau betrieben.
(2) Altgläubige: Unter dem sogenannten sanften Zaren Alexei I. (1645-1676) hatte der Patriarch Nikon (1605-1681) versucht, die Lithurgie von eingedrungenen Widersprüchen zu reinigen und auf die Riten der byzantinischen Kirche zurückzugreifen, was auf den heftigen Widerstand vieler Altgläubiger gestossen war.

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